Unterstützte Kommunikation ist in Deutschland kein zu verordnendes Heilmittel. Ein Arzt kann kein Rezept über Unterstützte Kommunikation ausstellen, da sie nicht im Heilmittelkatatog enthalten ist. Verordnet werden können folgende Therapien (Heilmittel) :

  • Physiotherapie
  • Ergotherapie
  • Logopädie

ABER:

Unterstützte Kommunikation kann ein Schwerpunkt in jeder der drei Therapien sein. Die Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten kann ein übergeordnetes Ziel darstellen.

Der Arzt kann je nach Diagnose und Zielsetzung verschiedene Maßnahmen der Ergotherapie verordnen. Die Maßnahmen unterscheiden sich in der therapeutischen Schwerpunktsetzung und in der Länge der einzelnen Therapiestunde:

  • Motorisch- funktionelle Behandlung
  • Sensomotorisch- perzeptive Behandlung
  • Hirnleistungstraining
  • Psychisch- funktionelle Behandlung

Der Arzt kann im Rahmen der Sprachtherapie/ Logopädie eigentlich immer Maßnahmen aus dem UK- Spektrum verordnen:
Im Heilmittelkatalog für Stimm-,Sprech- & Sprachtherapie Stand Juli 2011 ist genau aufgelistet, bei welchen Störungen ,inkl. Leitsymptomatiken und auch mit welchem Therapieziel der Arzt Sprachtherapie verordnen darf, z.B.bei folgenden Indikationsschlüsseln:

  • SP5- Störung der Sprache nach Abschluß der Sprachentwicklung- Aphasie/Dysphasie sowie auch bei
  • SP6- Störung der Sprechmotorik- Dysarthrie/Dysarthrophonie/Sprechapraxie


Unter Auflistung der Therapieziele gibt es hier auch ganz konkret den Hinweis "...erforderlichenfalls Schaffung nonverbaler Kommunikationsmöglichkeiten".

Ansonsten gilt z.B.: bei

  • SP1- Störungen der Sprache vor Abschluß der Sprachentwicklung als Ziel ganz allgemein:

"...Verbesserung bzw. Normalisierung der sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten".

Ergotherapie

Für Eltern

UK in der Ergotherapie

Voraussetzung:

  • Ein Rezept über Ergotherapie mit der passenden Maßnahme

Worauf sollten Sie bei der Auswahl der Praxis achten?

  • Nicht jede/r Ergotherapeut/in hat sich bereits mit den Möglichkeiten der Unterstützten Kommunikation vertraut gemacht. Fragen Sie danach!
  • Eine der Therapie vorausgehende gemeinsame Zielbesprechung (entweder mit dem Patienten, sofern möglich, oder den Bezugspersonen) ist ein Qualitätsmerkmal.
  • Eine UK-Maßnahme (insbesondere eine Versorgung mit einem Hilfsmittel) kann nur erfolgreich sein, wenn das Umfeld (Schule, WfbM/TAF, weitere Therapeuten, Wohnbereich, Elternhaus,...) mit einbezogen wird. Kommunikation und somit auch Unterstützte Kommunikation muss jeden Tag im Alltag stattfinden. Die Ergotherapiestunde in der Einzelsituation kann vorbereitend/ unterstützend wirken, darf aber keinesfalls die einzige Zeit des Einsatzes der Förderung mit Unterstützter Kommunikation sein.

Eine Adressenliste mit Therapeuten bzw. Praxen finden Sie unter dem Menüpunkt Service - Therapeuten für UK.


Für Therapeuten

Ergotherapie und UK sind das nicht zwei getrennte „Therapien"?

Es gibt zwei Definitionen, die diese Frage beantworten:

- Definition der UK im Buch „Praxis Unterstützte Kommunikation" von Ursi Kristen:

„UK ist der Oberbegriff für alle pädagogischen und therapeutischen Maßnahmen, die eine Erweiterung der kommunikativen Möglichkeiten bei Menschen ohne Lautsprache bezwecken."

→ also auch Ergotherapie

- Die Erklärung „Ergotherapie?" auf der Homepage des DVE (Link DVE):

„Ergotherapeuten helfen und begleiten Menschen jeden Alters, die durch Krankheit, Behinderung oder Alter in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind und Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben haben. Ergotherapie zielt darauf ab, die Selbständigkeit der betroffenen Menschen zu erhöhen, sodass der Alltag in Beruf, Schule und Familie wieder so unabhängig wie möglich bewältigt werden kann."

→ also auch UK: denn neben Mobilität, Selbstversorgung und Lernen fällt sicherlich jedem zum Thema Handeln und Grundbedürfnisse die Kommunikation ein. Kommunikation findet überall und ständig statt. Sie ist eine Grundvorrausetzung für Handeln und selbstbestimmtes Leben. Denn ohne Kommunikation ist eine aktive „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben" nicht möglich.

Gemeinsamkeiten UK/ Ergo:

  • beide Disziplinen betrachten den Menschen ganzheitlich und arbeiten ressourcenorientiert
  • beide haben das Ziel, dass der Betroffene möglichst selbstbestimmt und unabhängig leben kann
  • beide orientieren sich an Modellen, die die verbesserte Teilhabe am Leben als zentrales Ziel ansehen (das Partizipationsmodell in der UK, die ICF in der Ergotherapie)
  • beide müssen, um ihr Ziel zu erreichen, eine umfassende und ganzheitliche Erhebung der Fähigkeiten in vielen Bereichen durchführen
  • beide müssen, um einen Transfer in den Alltag zu sichern, eng mit den Bezugspersonen der Betroffenen zusammenarbeiten

Die Überschneidungen zeigen:

In der Ergotherapie ergeben sich durch die Methoden der UK für die Therapeuten ganz neue Möglichkeiten. Umgekehrt ist das Wissen der Ergotherapeut/innen (natürlich auch das der anderen Therapien wie Logopädie und Physiotherapie) für die UK besonders wichtig. Zusätzlich können viele Abschnitte einer Versorgung durch die Ergotherapeuten/innen begleitet oder von ihnen übernommen werden.

Welche Aufgaben übernehmen die Ergotherapeuten/innen im Prozess der UK-Intervention?
  1. UK als Inhalt der Ergotherapie / Einzelförderung
  2. Erstellung und Adaption des Hilfsmittels
  3. Koordination der UK-Maßnahme
  4. Informationen geben im interdisziplinären Team bei der Entscheidung über eine Versorgung / Befundung erstellen
  5. Begleitung der Erprobung von Hilfsmitteln
  6. Aktualisierung der Hilfsmittel
  7. Training mit dem Hilfsmittel

Wichtig ist immer, dass die Erkenntnisse und Entwicklungen mit den Bezugspersonen besprochen und durch diese ergänzt und weitergeführt werden. Außerdem müssen Erhebungen im Alltag und nicht nur in der Einzelfördersituation stattfinden.

Denn Kommunikation findet im Alltag ständig statt und nicht ein- bis zweimal pro Woche in der Ergotherapieeinheit!

Logopädie

Für Eltern und Angehörige

UK in der Logopädie

Eine Logopädin untersucht und behandelt Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen und bezieht in ihre Behandlung die Auswirkungen der Störung auf die zwischenmenschliche Kommunikationsfähigkeit des betreffenden Menschen und seines sozialen Umfeldes mit ein.

Aus logopädischer Sicht kann eine Versorgung mit Unterstützter Kommunikation für verschiedene Menschen sinnvoll sein. Dies können sein:

  • Menschen mit angeborenen Beeinträchtigungen, wie z. B. Geistige und/oder Körperliche Behinderung, Autismus-Spektrums-Störung
  • Menschen mit erworbenen Beeinträchtigungen, wie z. B. Zustand nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma
  • Progredient verlaufende neurologische Erkrankungen, wie z.B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Amyotrophe Lateralsklerose
  • Menschen mit schweren temporären Beeinträchtigungen, wie z. B. Beatmung auf der Intensivstation
Voraussetzung
  • Eine Verordnung über logopädische Therapie wird von einer Ärztin/einem Arzt ausgestellt. Logopädie ist Teil der medizinischen Grundversorgung und als Maßnahme der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie im Heilmittel-Katalog verzeichnet und beschrieben.
Worauf sollten Sie bei der Auswahl der Logopädin achten?
  • Nicht jede Logopädin fördert den Spracherwerb Ihres Kindes durch Unterstützte Kommunikation oder bezieht in die Therapie zur Rehabilitation erworbener Sprach- und Sprechstörungen Hilfsmittel wie z. B. ein Kommunikationsbuch mit ein. Fragen Sie danach!
  • Alle Entscheidungen zur Therapie in UK werden in einem Team getroffen, welches sich neben der Logopädin aus der Familie und dem sozial-betreuenden Umfeld zusammensetzt. Jeder Teilnehmer hat dasselbe Mitspracherecht in diesem Team.
  • Das Ziel der Therapie ist nicht nur der Einsatz von UK in der Versorgung des kommunikativ beeinträchtigten Menschen, sondern genau so wichtig sind die Beratung und Anleitung seiner Angehörigen, Freunde und Bekannten auf dem Weg zu einer erfolgreichen Verständigung durch UK. Fragen Sie danach, wie stark die Bezugspersonen in die Behandlung miteinbezogen werden!
  • UK ist nur dann erfolgreich, wenn die behandelnde Logopädin eine Verbesserung der Sprach- und Kommunikationsfähigkeit des betreffenden Menschen auf seinen Alltag ausrichtet. Ziel der Therapie ist eine verbesserte Teilhabe und größere Selbständigkeit des unterstützt kommunizierenden Menschen.


Eine Adressenliste mit Therapeuten bzw. Praxen finden Sie unter dem Menüpunkt Service - Therapeuten für UK.


Für Therapeuten

Logopädie und UK

UK ist bisher im Versorgungsspektrum der Logopädie und Sprachtherapie in Deutschland noch wenig verbreitet.

Dabei ist die Logopädin auf Grund ihrer beruflichen Ausrichtung auf Sprache und Kommunikation besonders geeignet, die UK-Intervention ressourcenorientiert zu planen und in ihrem Ablauf zu koordinieren.

Alle Entscheidungen zur Intervention in UK werden innerhalb eines Teams getroffen. Nur wenn der unterstützt kommunizierende Mensch selbst sowie alle Bezugspersonen des familiären und sozial-betreuenden Umfeldes in die UK-Therapie miteinbezogen werden, gelingt die Intervention. Das Finden eines Konsensus ist die Grundlage für die Interventionsplanung und ermöglicht ein gemeinsames Handeln. Von einer Sprachtherapie „im stillen Kämmerlein“ ist dringend abzuraten.

In der UK-Therapie gibt es die starke Tendenz weg von primär symptom- und störungsorientierten Zielen hin zu kommunikations- und ressourcenorientierten Therapieansätzen. Nach dem Selbstverständnis unterstützt kommunizierender Menschen auf der Basis der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) sollten nicht die eingeschränkten Körperfunktionen und Körperstrukturen in den Vordergrund gestellt werden, sondern die ressourcenorientiert gewählten Kommunikationsformen. Sie stehen im Mittelpunkt der Intervention und nicht die Ursachen für die eingeschränkten Funktionsfähigkeiten, die in der traditionellen medizinisch-ätiologischen Sichtweise hervorgehoben werden. Ebenso sollten die Umweltfaktoren so angepasst werden, dass die Autonomie und Lebensqualität des unterstützt kommunizierenden Menschen gestärkt werden. Das Bestreben einer erfolgreichen logopädischen Therapie ist also neben störungsspezifischen Zielsetzungen die Verbesserung der Verständigung des Menschen in seinem sozialen Umfeld. Dadurch verbessert sich die Teilhabe des Patienten am Alltagsleben.

Die Logopädin geht bei ihren Überlegungen zum einen von den vorhandenen Fähigkeiten und Funktionen des betroffenen Menschen aus, die für den Aufbau eines multimodalen Kommunikationssystems genutzt werden. Zum anderen klärt sie die Angehörigen und weitere Bezugspersonen auf, welche Möglichkeiten und Grenzen der Kommunikationsförderung es gibt. Sie zeigt ihnen Hilfen auf, wie sie den Kommunikationsprozess mit unterstützt kommunizierenden Menschen erleichtern können.

Zusammenfassend kann man sagen: Eine Intervention in UK gelingt nur, wenn sie alltagsnah und ressourcenorientiert ist und auf der Grundlage eines Konsensus im Behandlungsteam fußt, so dass sich alle Beteiligten für den Erfolg der UK-Intervention verantwortlich fühlen.

Wie ist die logopädische Erstintervention für ein unterstützt kommunizierendes Kind und seine Familie aufgebaut?
  1. Arbeit im Kernteam mit allen Beteiligten
  2. Gestaltung der Interaktion mit dem Kind
  3. Einsatz von elektronischen und nichtelektronischen Hilfsmitteln
  4. Vermitteln von kommunikations- und sprachfördernden Partnerstrategien
  5. Modellierungstechniken, damit das unterstützt kommunizierende Kind erlernt, sein Kommunikationssystem zu benutzen
  6. Modellorientierte Entwicklungsförderung der Kommunikation, Kognition und Sprache
  7. Förderung schriftsprachvorbereitender Fähigkeiten

Das Konzept der logopädischen Erstintervention in UK setzt verschiedene Methoden ein, um ein unterstützt kommunizierendes Kind im Erwerb kommunikativer und sprachlicher Fähigkeiten intensiv zu unterstützen. Dem zugrunde liegt die Erkenntnis, dass zwischen der Entwicklung der Kommunikation und der sprachlichen Ebenen (Wortschatz, Grammatik, Phonologi-Phonetik) eine enge Wechselwirkung besteht. In den ersten zwei Lebensjahren ist die Kommunikationsentwicklung der „Motor“ für den frühen Spracherwerb. Die Entwicklung eines Kindes ist von Anfang an in besonderer Weise auf Interaktion und Kommunikation angewiesen, kommunikative Begegnungen und Beziehungen sind essenziell für ein Leben als Mensch. Deshalb sollte ein Kind so früh wie möglich erfolgreiche Kommunikationserfahrungen machen.